Russland

Großes Wappen des Russischen Reiches von 1882-1917

Das älteste ostslawische Reich in der Geschichte war die Kiewer Rus. Es entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts. In ihm bildeten sich mehrere Völkerschaften heraus, auf deren Grundlage sich in der Folgezeit das russische, das ukrainische und das belarussische Volk formierten. Dieser alte russische Staat bestand über drei Jahrhunderte. Nach dem Tod des letzten Großfürsten von Kiew zerbrach er 1132 in mehrere unabhängige Fürstentümer. Damit begann eine Zeit feudaler Zersplitterung.

Der Zerfall der Kiewer Rus hinterließ mehrere kleine Fürstentümer. Im Jahr 1223 drangen die mongolischen Reiterheere des Dschingis Khans in die Rus, unterwarfen und verwüsteten sie, was von der politischen Zersplitterung der einzelnen Fürstentümer begünstigt wurde.

Schlacht bei Liegnitz 1241 hier besiegte am 9. April 1241 ein mongolisches Heer eine polnisch-deutsche Streitmacht.

Das nächste Ziel des Mongolensturms war Mitteleuropa. 1241 wurden in der Schlacht bei Liegnitz, das heute in Polen liegt, ein schlesisches Ritterheer und in der Schlacht am Sajo-Fluss ein ungarisches Heer vernichtet. Der militärischen Macht der Reiternomaden aus der asiatischen Steppe, die über die beste Reiterei der Welt verfügten, hatte der Westen wenig entgegenzusetzen.

Wahrscheinlich hätten sie ganz Europa erobert, wenn nicht am 11. Dezember 1241 der Groß-Khan Ögödäi, Sohn des legendären Dschingis Khan, gestorben wäre. Dies veranlasste den mongolischen Heerführer Batü zum Rückzug. Europa blieb verschont. Russland aber sollte 250 Jahre von den Mongolen beherrscht bleiben.

Unter den Mongolen hingegen wurden die Grundlagen für ein zentralistisches Herrschaftssystem mit all seinen Konsequenzen gelegt.,  Damit wurden die Weichen für die weitere russische Geschichte gestellt –  für die orientalische Despotie“, die bis heute in Russland nachwirkt. Heutzutage erlebt Russland eine Neuauflage der Autokratie und Despotie.

Aufstieg zur europäischen Großmacht

Ivan III. (1462-1505) bezeichnete sich erstmals als „russischer Großfürst und Zar“ und betonte mit diesem von der Bezeichnung „Caesar“ abgeleiteten Titel seinen Anspruch auf Gleichrangigkeit mit dem Kaisertum im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“

Ivan IV. „Der schreckliche“

Eine Generation später ließ sich Ivan IV. (der Schreckliche, 1547-1584) als „Zar und Selbstherrscher des ganzen großen Russlands“ krönen – ein Titel, der den Anspruch auf die Nachfolge der byzantinischen Kaiserwürde einschloss. Unter seiner Herrschaft wurde das Reich im Kontext imperialer Machtpolitik nach Osten und Süden ausgedehnt. Im Innern folgte eine Phase der Reformen und  das Schreckensregiment, der Opritschniki (eine spezielle Militäreinheit).

Unter Zar Ivan IV. eroberte der Kosakenführer Jermak Timofejewisch mit blutigen Kämpfen Sibirien, und die Region wurde allmählich in das Russische Reich eingegliedert.

Mit seinem Sohn Fjodor, der 1598 ohne Nachfolger starb, endete die Dynastie der Rjurikiden. Nach einer Phase der „Smuta“, der Wirren, wurde 1613 mit der Wahl des Bojaren Michail Romanow (1613-1645) ein Neuanfang gemacht. Die Bojaren waren Adelige unterhalb des Ranges eines Fürsten (Knjas) oder Zaren. Es war dann sein Nachkomme Peter I. (1682/1689-1725), der Russland mit äußerlich modernisiertem das Volk lebte auch weiterhin wie in der Vorgeschichte.

Im Juni 1709 konnte Peter I. in der Nähe der ukrainischen Stadt Poltava den schwedischen König Karl XII. und den ukrainischen Hetman Mazepa entscheidend schlagen. „Poltava“ wurde zu einem Gründungsmythos des russischen Imperiums. Peter I. wurde nicht nur als siegreichen Feldherrn gepriesen, sondern auch als Retter Russlands und als „Vater des Vaterlands“. Peter I. habe in diesem  Krieg «russisches Land» zurückgeholt und die neue Hauptstadt Russlands, Sankt Petersburg, gegründet.

Die Schlacht von Poltawa auf einem Gemälde. (Foto: Fine Art Images/Heritage Images/Getty Images)

Katharina II. (1729-1796) vollendete die Politik Peters I. nach der militärischen Besetzung der Ukraine mit der Eingliederung der Ukraine in die Verwaltungsstrukturen des Zarenreichs. Nach dem russisch-türkischen Krieg (1768–1774)  wurde auch die Krim annektiert. Russland  beherrschte nun die nördliche Küste des Schwarzen Meers.

Peter-Kult: das Reiterdenkmal an der Neva in Peterburg mit der Inschrift Katharinas II.

Nach dem Scheitern des französischen Russlandfeldzugs 1812 und dem Zerfall des napoleonischen Reiches war Russland mit einer Armee von 800.000 Soldaten der mächtigste Staat auf dem europäischen Kontinent. Russland wandte sich verstärkt Asien zu. Im Kaukasus begann 1856 die dritte und letzte Phase der russischen Expansion. Der Unterwerfung 1864 folgte die wirtschaftliche Erschließung und Russifizierung der 53 Völkerschaften und 14 Stämme. So entstand das russische Imperium.

Das russische Imperium vor der Oktober-Revolution 1917

Während des „Ersten Weltkrieges“ (1914-1918) im März 1917 stürzte die Februarrevolution die Monarchie in Russland. Die deutsche Regierung wollte Russland destabilisieren, das gemeinsam mit England und Frankreich gegen Deutschland kämpfte und ließ den Berufsrevolutionär Lenin nach Petrograd schleusen. Dessen Anhänger, die kommunistischen Bolschewiki, drangen, anders als die Provisorische Regierung, auf die sofortige Beendigung des Krieges gegen Deutschland. Sie ergriffen nach wenigen Monaten durch einen später als Oktoberrevolution bezeichneten Staatsstreich die Macht.

Die unmittelbare Folge der Oktoberrevolution war ein fünf Jahre dauernder Bürgerkrieg; nach und nach gelang es der russischen bolschewistischen Roten Armee, Belarus, die Ukraine und Georgien, sowie den Rest des Reiches zu erobern, um dort Sowjetrepubliken zu errichten, die dann 1922  die Sowjetunion begründeten. Im Zweiten Weltkrieg war der westlichste Teil Russlands neben Belarus und der Ukraine einer der Hauptkriegsschauplätze. Dabei brachte die deutsche Besatzungsmacht im Zeichen der nationalsozialistischen Rassenideologie schlimmstes Leid über die Bevölkerung: Ermordung und Verschleppung mehrerer Millionen sowjetischer Zivilisten und Kriegsgefangener, Massenmorde an Juden, Sinti und Roma, Versklavung und Ausbeutung der besetzten Gebiete. In Anlehnung an den „Vaterländischen Krieg“ gegen Napoleon wurde der Zweite Weltkrieg in der sowjetischen und wird in der aktuellen russischen Ideologie als „Großer Vaterländischer Krieg“ bezeichnet. In der Schlacht von Stalingrad und der Schlacht bei Kursk erlitt die eingedrungene deutsche Wehrmacht entscheidende Niederlagen, was die Wende im Zweiten Weltkrieg einleitete und zum Sieg der Alliierten wesentlich beigetragen hat.

Bild: Alexander Kaasik | Skulpturen der Gedenkstätte auf dem Mamajew-Hügel. Der Hügel, nördlich des Stadtzentrums des heutigen Wolgograds, war ein strategisch wichtiger Ort in der Schlacht um Stalingrad | CC-BY-SA 4.0

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